@PSP – Ausgabe 5, März 2022
Wie Phönix aus der Asche

Direkt gegenüber dem Zürcher Hauptbahnhof liegt ein architekturhistorisches Bijou aus der Belle Époque: der Gebäudekomplex Bahnhofplatz 1 und Bahnhofquai 9/11/15.

In der Nacht auf Samstag, 25. August 2018, wurden die Häuser Opfer der Flammen. Ein Grossbrand zerstörte grosse Teile der Gebäudehülle und des Innenbereichs. Heute erstrahlt der Prachtbau wieder in altem Glanz. Wie das möglich war, erklärt der verantwortliche Bauprojektleiter Hans Kessler.

Herr Kessler, es ist jetzt 3½ Jahre her, seit der Gebäudekomplex von PSP Swiss Property am Zürcher Bahnhofplatz durch einen Grossbrand weitgehend zerstört wurde. Konnte man die Brandursache mittlerweile eruieren?

Der Brand war so intensiv und weitläufig, dass die Brandursache vielleicht nie abschliessend geklärt werden kann. Die Brandermittler waren während den Aufräumarbeiten jede Woche auf der Baustelle und haben jeden Winkel inspiziert. Die Aufräumarbeiten mussten laufend auch mit den Ermittlern abgesprochen und immer wieder unterbrochen werden. Die Zusammenarbeit verlief aber reibungslos. Wichtig ist zu wissen, dass nicht das gesamte Geviert am Bahnhofplatz ausbrannte, sondern «nur» die Liegenschaften am Bahnhofplatz 1 und Bahnhofquai 9/11/15. Das Du-Pont-Haus an der Ecke Waisenhausstrasse 2/4 und Bahnhofquai 7 sowie die Liegenschaft am Bahnhofplatz 2 blieben unversehrt.
 

Sie waren gerade an Renovationsarbeiten, als der Brand ausbrach. Wie weit waren Sie damals?

Wir waren voll im Fahrplan, im Endstadium der Roharbeiten. Der Gebäudekomplex war zwar eines der schönsten Gebäude-Ensembles aus der Belle Époque in Zürich – von aussen gesehen fast ein Kunstwerk, innen jedoch nicht mehr auf dem neusten Stand. Deshalb hatten wir uns dafür entschieden, den Gebäudekomplex umfassend zu renovieren.

 
Beim Anblick der grossartigen Fassade des Gebäudekomplexes am Bahnhofplatz 1 und Bahnhofquai 9, 11, 15 erinnert nichts mehr an den Grossbrand vor bald vier Jahren.
Immobilien sind ein langfristiges Business: «Mr. Bahnhofplatz» Hans Kessler betreut dieses Projekt als Bauprojektleiter seit 12 Jahren.

Und dann?

Dann ging es erst einmal ans Aufräumen. Das dauerte Monate, bis Anfang 2019. Der Aufwand war enorm und mit nichts zu vergleichen, was irgendjemand auf der Baustelle je zuvor gesehen hatte. In den ersten Wochen und Monaten mussten die Arbeiter gesichert und liegend bei jedem Wetter auf der Hebebühne mit Atemmasken Balken für Balken und Bruchstück für Bruchstück einzeln entsorgen. Man kann den Arbeitern gar nicht genug Respekt zollen.

 
Die alte Betondecke im Dachgeschoss hat sich durch die extreme Hitze gelöst. Der Fall wird erst durch die neue Betondecke im 1. OG gestoppt.
Treppenhaus im Bahnhofquai 11. Vom 4. Obergeschoss an aufwärts ist alles völlig zerstört.
Ästhetik in der Zerstörung: Glas der Brandschutztüre zum Bahnhofplatz 2. Sie hat ihren Dienst getan und eine Verbreitung des Feuers verhindert.

Gab es auch Kurioses während den Aufräumarbeiten?

Ja, da war z.B. die Sache mit den Acetylenflaschen: Vor dem Brand waren Dachdecker und Stahlbauer am Werk, die für ihre Arbeit Acetylen einsetzten. Bei den Aufräumarbeiten haben wir die entsprechenden Gebinde gefunden. Doch was tun damit? Die Flaschen sind hochexplosiv. Aus diesem Grund haben wir extra Experten aus Hamburg eingeflogen; diese haben die Flaschen in einem Castor-Spezialbehälter entsorgt. Das war etwa so wie bei einer Bombenentschärfung wie man es manchmal im Fernsehen sieht.

«Man kann den Arbeitern gar nicht genug Respekt zollen.»

Ein anderes Mal, drei Wochen nach dem Brand, mussten wir unser Notfallszenario nochmal aktivieren: Die Wetterprognosen kündigten einen Sturm mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 120 km/h an. Wir hatten Giebelwände, die zwar gesichert waren. Die Ingenieure gingen davon aus, dass die Giebelfassaden Böen bis zu 90 km/h aushalten würden, bei den angekündigten 120 km/h könnten sie aber auf die Strasse kippen. Darauf nahmen wir sofort Kontakt mit der Polizei auf. Während der Zeit, als der Sturm über Zürich fegte, wurde deshalb in Absprache mit dem Wetterdienst und den Einsatzkräften die Umgebung gesperrt. Die Konstruktion hielt stand.

 
Die hochexplosive Ethylenflasche wird von Spezialisten vorsichtig in einen Sicherheitsbehälter gelegt und per Kran wegtransportiert.
Hält die Fassade? Eine neue statische Konstruktion, die vor dem Brand installiert wurde, hat wohl den Zusammenbruch verhindert. Die Brandermittler arbeiten unter schwierigen Bedingungen.

Irgendwann stellte sich die Frage, wie es weiter gehen sollte – Abriss oder Wiederaufbau?

Für uns und die Stadt war rasch klar, dass nur ein Wiederaufbau in Frage kam. Der Gebäudekomplex sollte wieder das gleiche Erscheinungsbild erhalten wie vor dem Brand. Das 120-jährige Bauten-Ensemble ist zu hochwertig und zu wichtig für das Stadtbild, als dass man es einfach ersetzen könnte. Das Dach und die wunderschönen Fassaden, aber auch Teile des Gebäudeinnern, wie Treppenhäuser, standen unter Denkmalschutz. Gemeinsam mit der städtischen Denkmalpflege haben wir entschieden, welche Gebäudeteile erhalten bzw. so nah wie möglich am Original wiederaufgebaut werden sollten.

Eine entscheidende Frage war, ob bzw. inwieweit die Fassade erhalten werden konnte – zumal eine reine Rekonstruktion, der Wiederaufbau mit neuen Materialien, nicht unbedingt im Sinne des Denkmalschutzes gewesen wäre. Wir waren alle erleichtert, dass die äussere historische Bausubstanz weitgehend unversehrt geblieben war und wo nötig ergänzt werden konnte. Im Innern waren wir in der Gestaltung etwas flexibler, weil ja praktisch alles zerstört war. Vor dem Brand gab es Regelgeschosse mit teils schützenswerten Stuckaturen und Wandmalereien, die man eigentlich restaurieren und erhalten wollte. Doch sie wurden durch das Feuer, Löschwasser und Regen verwüstet. Glück hatten wir mit Treppenhausabschlüssen in einem schützenswerten Treppenhaus – diese Abschlüsse hatten wir vor dem Brand zur Restauration ausgebaut und anderswo eingelagert, so dass sie nun wieder eingebaut werden konnten.
 

Wie sah es mit der Statik aus?

Zunächst waren wir aus Sicherheitsüberlegungen davon ausgegangen, dass das ganze Gebäude einsturzgefährdet war. Umfassende Analysen der Ingenieure kamen dann aber zum Schluss, dass die Fassade statisch intakt und das Haus als Ganzes nicht einsturzgefährdet war.
 

«Die involvierten Parteien haben hervorragende Arbeit geleistet.» 

Die restaurierten und mit Brandschutzfronten umgerüsteten Treppenhausabschlüsse des denkmalgeschützten Treppenhauses am Bahnhofquai 11.

Worauf legte die Denkmalpflege besonderen Wert beim Wiederaufbau?

Wegen der städtebaulichen Bedeutung der Gebäude lag der Fokus der Denkmalpflege auf dem äusseren Erscheinungsbild. Um dies zu wahren, haben wir das verbrannte Dach mit den Lukarnen komplett neu erstellt und rekonstruiert. 

Dafür haben wir Original Materialien verwendet und das Dach wieder mit Naturschiefer eingedeckt. Die Naturstein-Fassade Richtung Bahnhofplatz/ Bahnhofquai haben wir in Abstimmung mit der Denkmalpflege vollständig rekonstruiert; sie sieht heute wieder aus wie vor dem Brand. Überhaupt sieht man von aussen her praktisch gar nicht mehr, dass es hier je gebrannt hat. Die involvierten Parteien haben hervorragende Arbeit geleistet. Im Innenbereich war die Denkmalpflege aufgrund der massiven Zerstörung damit einverstanden, dass wir die Decken wieder in ihrer ursprünglichen Lage erstellen, wohingegen wir auf die Rekonstruktion der verlorenen Innenausstattung verzichten konnten.

 
Die einmalige Dachterrasse eröffnet einen wunderbaren Blick auf die Limmat und die Stadt.
Das Haus «Du Pont» an der Waisenhausstrasse 2/4 und Bahnhofquai 7 war vom Brand nicht betroffen.

Wie weit sind Sie heute?

Die Bauarbeiten sind abgeschlossen und wir haben die Liegenschaft an unseren Hauptmieter, den Co-Working-Anbieter Signature, übergeben. Angesichts der Herkules-Aufgabe, die wir zu bewältigen hatten, ist die Verzögerung von lediglich zwei Jahren eine bemerkenswerte Leistung aller Beteiligten.

Ebenfalls fertig gebaut ist das Nachbargebäude an der Waisenhausstrasse 2/4 und Bahnhofquai 7 inkl. Beatenplatz 4. Dort sind seit letzten Herbst das Hotel «Ruby Mimi» mit 208 Zimmern sowie das Restaurant «DUPONT Brasserie & Bar» in Betrieb.

«Angesichts der Herkules-Aufgabe, die wir zu bewältigen hatten, ist die Verzögerung von lediglich zwei Jahren eine bemerkenswerte Leistung aller Beteiligten.»

Fehlt noch Bahnhofplatz 2. Wie weit sind Sie hier?

Aufgrund langfristiger Mietverträge konnten wir die Renovationsarbeiten hier erst später an die Hand nehmen. Auf 6 Stockwerken wird es rund 2’100 m2 Büroflächen geben und im Erdgeschoss 300 m2 für ein Ladengeschäft mit über 200 m2 Lagerfläche im Untergeschoss. Wir kommen plangemäss voran, so dass die Räumlichkeiten ab Mitte 2023 für den Mieterausbau bereit sein werden.


Wie würden Sie den Gebäudekomplex heute beschreiben, nach dem Brand, nach dem Wiederaufbau, nach der Renovation?

Ein Top-Produkt an Top-Lage: Ein einmaliger historischer Gebäudekomplex mit modernen Hotel- und Gastronomiekonzepten, Ladengeschäften und Büroräumlichkeiten mit «state-of-the-art» Infrastruktur und Technologie an bester Lage im Herzen von Zürich.

«Das professionelle und respektvolle Zusammenspiel aller Beteiligten über mehrere Jahre hat massgeblich zum Erfolg dieses Projektes beigetragen» - Lars Raida, verantwortlicher Asset Manager für die Bahnhofplatz-Liegenschaften

Dieses Interview wurde geführt durch Norbert Bernhard, Herausgeber von Private – Das Geld-Magazin, und wurde auch in der Ausgabe 1/2022 des Magazins veröffentlicht. 

Renommierte Mieter

 
Ruby Hotels
Die Hotels der deutschen Ruby-Gruppe verfolgen eine «Lean-Luxury»-Philosophie. Das heisst: zentrale Lage mit guter Anbindung an den öffentlichen Verkehr, modernes Design, hochwertige Ausstattung und anständige Preise. Kurz: bezahlbarer Luxus für kosten- und stilbewusste Gäste. Das Hotel Ruby Mimi bietet 208 Zimmer. In Anlehnung an die Geschichte des Hauses, welches eines der ersten Kinos in der Stadt beherbergte, werden die «Lean-Luxury»-Elemente geschickt kombiniert mit dem luxuriösen Flair Hollywoods der 1920er Jahre. Die charmante Bar mit ihrem Art Nouveau-Dekor ist auch für die Öffentlichkeit zugänglich.
Candrian Catering
Candrian Catering betreibt in Zürich und anderen Städten zahlreiche Restaurants und Hotels. Am Beatenplatz bietet Candrian unter dem Traditionsnamen «DUPONT Brasserie & Bar» ein innovatives Gastronomiekonzept mit 250 Innen- und 140 Aussenplätzen. Im historischen Ambiente der lebendigen, kosmopolitischen Brasserie kann man zu jeder Tageszeit abwechslungsreiche Kreationen geniessen.
Signature Co-Working
Signature by Regus ist eine Tochtergesellschaft der International Workplace Group IWG, die weltweit unter verschiedenen Brands Co-Working-Space für flexibles Arbeiten anbietet. Signature by Regus ist in den oberen Stockwerken am Bahnhofplatz 1/Bahnhofquai 9/11/15 eingemietet und wird im Center Signature Bahnhofplatz attraktive Büroräume an exklusiver Lage bieten. Da der Bahnhof und Bushaltestellen direkt gegenüber liegen, sind die Büros auch für Geschäftsgäste mühelos erreichbar.